Am 27.09.2013 wurde eine UN-Resolution zu Syrien verabschiedet. Sie hat die Vernichtung der C-Waffen zum Ziel, die am 21.08.2013 eingesetzt worden sind. Ob das Regime Assads oder die „Aufständischen“ die C-Waffen einsetzten, bleibt ungeklärt. Im Folgenden möchte ich Ursachen des Konfliktes beleuchten und Licht ins syrische Dunkel bringen.
In der Präsidialrepublik Syrien liegt die politische Macht seit dem Staatsstreich der Baath-Partei 1963 bei den alawitischen Offizieren. In der Zeit bis zum Jahre 2000 regiert Hafiz Al-Assad, Vater des heutigen syrischen Präsidenten Bashar al-Assad. Diese Zeit ist gekennzeichnet durch eine Instabilität des Regimes, was neben innenpolitischen Krisen auch auch zu Außenpolitischen führte. So zeigt sich im Jahre 1967 im Krieg mit Israel die Schwäche des Regimes, das durch Machtkämpfe zerrissen ist: Als die Besetzung der Golanhöhen durch Israel nicht verhindert werden konnte. Diese Verhältnisse stärkten die syrische Opposition und Assad wird als „Hase im Golan“ verspottet. Darauf reagierte das Assad-Regime mit dem Aufbau eines monströsen Unterdrückungsapparats unter Führung von Assads Bruder, Rifaat Al-Assad, mit 20000 Bediensteten. Erwähnenswert ist zudem der seit 1963 einberufene, andauernde Ausnahmezustand (der später von Bashar Al-Assad aufgehoben wurde. Dies reicht den Oppositionellen aber nicht). 17 Jahre später kommt es zu Streiks verschiedener Berufsgruppen. Die folgende Eskalation am 02.02.1982 im islamistischen Aufstand in Homs wird blutig niedergeschlagen und endet mit 10.000 bis 20.000 Toten. Bashar Al-Assad verfolgte diese Politik seit 2000 weiter, weil die Durchsetzung seiner angekündigten wirtschaftlichen „Reformen“ die ökonomischen und sozialen Konflikte verschärfte. Diese bestehen in folgenden Entwicklungen: Die Bevölkerungsexplosion hat eine große Anzahl an beschäftigungslosen Jugendlichen erzeugt, die später Fußsoldaten der Aufstände werden. Zudem hat die längste Dürreperiode Syriens (2006 -2010) den Viehbestand der Viehzüchter um 85% verringert. So werden bis zu drei Millionen Syrer in die extreme Armut gedrängt (Bevölkerung: 10 Millionen). Doch Assad kennt nur die repressive Antwort auf diese Probleme, die Teile der Opposition radikalisiert. Außerdem wird der Schlüsselsektor der syrischen Wirtschaft, die Landwirtschaft, zugunsten zweifelhafter Projekte vernachlässigt. Betrachtet man die angesprochene Dürreperiode wäre die Forcierung geplanter Bewässerungsprojekte dringend nötig gewesen, stattdessen erreichten Mobiltelefone und vor allem Internet Syrien. Durch Assads Reformen kommt es in Syrien zu einer Knappheit des Heizöls, obwohl Syrien ein Erdöl produzierendes Land ist. Es kommt zu einer revolutionären Situation: Assad kann nicht mehr weiter, das Volk will nicht unter diesen Umständen leben. Aus dieser Situation heraus entstand der Bürgerkrieg, da der Machtblock Assads nicht zerfallen ist. Zwar laufen bis zu 20% der syrischen Armee zu den Rebellen über, doch Assads Gegnern fehlt es an einer gemeinsamen Politik. Vor allem radikale Islamisten (Al-Nusra-Front) spielen eine große Rolle im Kampf gegen Assad, aber auch der gemäßigte Syrian National Counsil (Exil-Opposition). Paradoxerweise wird das Regime in dieser Situation gestärkt, da die Rebellen islamistisch radikalisiert werden (FR vom 31.01.2013: Zur FSA gehören 50000 Kämpfer, von denen 40000 islamistische Extremisten sein sollen, die von Katar und Saudi-Arabien unterstützt werden) und untereinander zerstritten sind. Erschwerend hinzu kommt die äußere Stützung des Regimes durch Russland, aufgrund der einzigen verbliebenen russischen Militärbasis im Nahen Osten (Marinestützpunkt Tartus) und der Rolle Syriens als „Joker“ (Der Freitag, 12.09.2013) Russlands in geostrategischer Hinsicht gegenüber den USA sowie der Handelsbeziehung zwischen Russland und Syrien (Syrien ist ein Käufer russischer Rüstungsgüter). Auch China ist mit Russland an der Erstellung eines Gegenblocks gegen die USA interessiert und so beteiligten sich beide Staaten beispielsweise auch nicht am wirtschaftlichen Boykott des Irans. Eine ausländische Intervention wäre gleichzusetzen mit einem Eingreifen in einen ausgeglichenen Bürgerkrieg. Dies wäre völkerrechtlich nicht statthaft und auch eine „responsibility to protect“ ist hier nicht gegeben, da es wie gezeigt eben nicht um eine systematische Vernichtung des eigenen Volkes geht. Es stehen sich zwei Lager gegenüber, die beide Menschenrechte missachten.
Eine Politik, die der Bevölkerung hilft, könnte so aussehen: Die internationale Gemeinschaft muss einen Waffenstillstand durchsetzen und Gespräche zwischen den Parteien im Bürgerkrieg einleiten. Dabei ist sicherzustellen, dass es keine Restaurierung der Verhältnisse vor Ausbruch der Aufstände geben kann und auch keine Reformen Assads, die die Aufstände befeuerten. Die am Freitag, den 27.09.2013 hervorgebrachte UN-Resolution mit dem Kern, der Aufgabe aller C-Waffen, ist ein Anfang, die allerdings das Blutvergießen nicht stoppen wird.
von Sawan Kakkar