Bis Anfang April schienen die Positionen der vielfältigen Teilnehmer*innen am Bildungsgipfel in Hessen unvereinbar, doch nun bahnt sich ein Kompromiss an. Die Landesschüler*innenvertretung hat auf dem letzten Gipfel vorgeschlagen, ein zweigliedriges Bildungssystem zu entwickeln, bei der jede Säule auch zum Abitur führen kann. Neben dem Gymnasium soll es nun kooperative sowie integrative Gesamtschulen und eine neu zu schaffende Schulform der Sekundarschule existieren. In der Sekundarschule, in der die Hauptschule und Realschulen zusammenfließen, sollen die Hauptfächer leistungsdifferenziert separiert unterrichtet werden. Diesen Vorschlag der Landeschüler*innenvertretung bezeichnete der hessische Klutusminister Alexander Lorz als einen möglichen Weg, um „bisherige Gräben in der Schulpolitik zu überwinden“.
Der sich anbahnende Kompromiss für den Bildungsgipfel stößt bei mir auf vollständige Ablehnung. Ich bin schockiert, dass eine Vertretung von Schüler*innen ein solches weiterhin auf Separierung beruhendes System vorschlägt. Dass dieser Vorschlag von der konservativen CDU mit offenen Armen aufgenommen wird, ist nachvollziehbar. Längeres gemeinsames Lernen wird mit dem vorgeschlagenen Modell weiterhin ein Zukunftstraum sein. Auf der einen Seite wird es weiterhin die Gymnasien geben, in der die bürgerliche Elite die Bildungsanstalt für ihren Nachwuchs sieht. Hier wird weiter unter sich im Gleichschritt gelernt. Die zweite Schule wird zur Resterampe für alle diejenigen, die es nicht auf das Gymnasium schaffen, denen es nicht zugetraut wird oder deren Herkunft den Zugang zum Gymnasium erschwert. Auch hier wird nicht zusammengelernt, sondern fleißig in den Hauptfächern separiert. Der vorliegende Kompromiss zementiert somit Selektierung, Outputorietierung und Leistungsdruck.
Ein mutiger Kompromiss für den Bildungsgipfel, hätte die unsinnige und frühzeitige Selektierung von jungen Menschen beendet oder zumindest mehrere Schuljahre nach hinten geschoben. Nun schaffen wir Haupt- und Realschulen ab und etablieren eine Resteschule. Das ist kein Beitrag zu Chancengleichheit. Ich spreche mich klar gegen den Vorschlag aus und fordere unsere Landtagsfraktion auf, diesen „Kompromiss“ nicht mitzutragen. Wir müssen deutlich machen, dass mit dem Vorschlag weiterhin Herkunft den Bildungsabschluss bestimmt und nicht Leistung, Können und Interesse.
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