Das TV-Duell zeigt die Unterschiede zwischen Partei und KandidatInnen
Es ist mittlerweile ein Ritual geworden. Ein kühles blaugehaltenes Studio, vier ModeratorInnen und zwei KontrahentInnen: das TV-Duell der KanzlerInnenkanidatInnen der beiden großen Volksparteien. Letzten Sonntag erlebte das Ritual eine erneute Auflage – Angie versus Peer. Partei und Medien stilisierten das Duell zur letzten Chance zur Aufholjagd für den Herausforderer. Diese Chance hat er genutzt.
Denn retroperspektiv kann festgehalten werden: Peer war klarer, konkreter und angriffslustiger. Die Kanzlerin benötigte für die Hälfte der Inhalte die doppelte Zeit, sie schwafelte vor allem. Es gab nichts konkretes zu Griechenland oder zur NSA-Spionage und klare Aussagen zur PKW-Maut brauchten langwierige Nachfragen. Eine klare Skizze, wie die Bundesrepublik sich in vier weiteren Jahren einer Kanzlerschaft Merkel entwickeln würde, blieb die Bundeskanzlerin den Zuschauern schuldig. Der Herausforderer stellt hingegen klare Konzepte wie den Mindestlohn oder die Solidarrente vor und kann durch das Bekenntnis zu Steuererhöhungen für Gutverdienende auch einen Finanzierungsvorschlag für die umfassenden Investitionsvorhaben in Bildung und Kommunen anbieten.
In der medialen Berichterstattung wird Merkel auf ihre Deutschland-Kette reduziert, die sie wohl überlegt an dem Tag trug, um überhaupt etwas Erinnerungswertes aus dem Duell der Bevölkerung und der Presse zu bieten. Peer hingegen wird auf seine Aussage zu Pensionserhöhungen reduziert. Ein Fehler sei es gewesen, dass er sich für die Angleichung der Pensionserhöhungen an die der Rentenerhöhungen aussprach. Doch warum? Es ist doch richtig, dass Pensionen, die durch den/die SteuerzahlerIn getragen werden nicht überproportional zu den Renten, die durch die Umlagefinanzierung der Rentenversicherung getragen wird, steigen. Das ist kein Skandal, sondern ein weiterer Schritt zu einer Politik die durch den Grundsatz der Gerechtigkeit und Solidarität bestimmt ist.
Für mich hat das Duell der Herausforderer gewonnen. Nun bin ich nicht unbefangen, sondern ein wahlkämpfender Sozialdemokrat der sicherlich nicht unparteiisch das TV-Duell geschaut hat. Jedoch wurden die Alternativen zwischen den KandidatInnen, den Parteien und Programm deutlich. Am 22.09. geht es um die Frage: Wollen wir mehr Gerechtigkeit, Solidarität und gemeinwohlorientierten Staat oder Diskriminierung, soziale Ungerechtigkeit und Rückständigkeit? Diesen Unterschied in den politischen Konzepten hat das Duell offenbart.
von Oliver Schmolinski