Zu Anfang ein paar Zitate, über die sich jeder selbst ein Urteil bilden mag:
„In Deutschland besitzen die 45 reichsten Haushalte so viel wie die ärmere Hälfte der Bevölkerung. Beide Gruppen kamen im Jahr 2014 jeweils auf insgesamt 214 Milliarden Euro Vermögen.“[1]
„Weltweit werden jedes Jahr Steuern in Höhe von 500 Milliarden US-Dollar an Finanzämtern vorbeigeschleust. Allein dem deutschen Fiskus sollen jährlich rund 18 Milliarden Euro entgehen, weil Unternehmen Gewinne in Steueroasen verschieben.“[2]
„Reiche Einzelpersonen halten in Steueroasen rund 7,6 Billionen US-Dollar versteckt – unversteuert.“[3]
Spätestens seit den sogenannten Panama Papers bzw. Paradise Papers wissen wir von der massiven Steuervermeidung von Unternehmen sowie sehr reichen Einzelpersonen. Hier werden Möglichkeiten genutzt Vermögen in Steueroasen anzulegen oder dort Gewinne zu versteuern. Diese Optionen stehen dem Einzelnen oder kleinen Unternehmen in der Regel nicht zur Verfügung. Vor allem mittlere Einkommen und Vermögen werden so auf Kosten anderer überproportional stark belastet.
Ein großes Problem stellt zudem der Steuerwettbewerb einzelner Länder untereinander dar. Dabei muss der Blick gar nicht bis an die Strände der Karibik reichen, um solche Länder ausfindig zu machen. Die Niederlande, Luxemburg oder auch Irland betreiben quasi direkt vor der Haustür das Geschäft mit dem steuerlichen Standortvorteil. Durch ein kompliziertes System wurde bspw. der Technologie Konzern Apple in Irland effektiv mit einem Steuersatz von 0.005 % besteuert. Das bedeutet es wurden nur 50 Euro Steuern auf 1 Millionen Euro Gewinn gezahlt. Das Kuriose: Irland will das Steuergeld für einen Zeitraum von 2003 bis 2014 in Höhe von 13 Milliarden Euro überhaupt nicht, da es um seinen attraktiven Standort fürchtet.
Noch überhaupt nicht abzusehen, wird die Situation in Großbritannien sein. Hier zeichnet sich Ähnliches ab. Der derzeitige Premierminister hat bereits angekündigt, dass er gewillt ist London als größten Finanzplatz Europas zu verteidigen, zur Not mit der starken steuerlichen Begünstigung der dort ansässigen und neu „zugezogenen“ Unternehmen.
Aktuelle gesetzliche Vorhaben der SPD
Nicht erst seit der weltweiten Corona Pandemie wird, nicht nur in Deutschland, über eine faire Verteilung der Lasten durch eine novellierte Steuergesetzgebung gesprochen.
Schaut man auf die derzeitigen steuerlichen Vorhaben der SPD so reichen diese von der auf dem SPD Parteitag 2019 in Berlin beschlossenen Vermögenssteuer über die von Olaf Scholz geplante Finanztransaktionssteuer bis hin zu einer Mindestbesteuerung für global agierende (Digital)- Konzerne).
Mit der Vermögenssteuer, welche die reichen bzw. sehr reichen Bürger*innen in einer Höhe von 1-2 % betreffen soll wird versucht die Last auf deutlich stärkere Schultern zu verteilen. In Zeiten von Corona in der dem Staat massiv Einnahmen wegbrechen, ist es deshalb nur fair, wenn zuerst diejenigen am stärksten belastet werden, die auch am meisten haben.
Die Finanztransaktionssteuer sollte in Ihrer eigentlichen Form den Hochfrequenzhandel beschränken, sodass schnelle Kursschwankungen nicht beschleunigt werden. Ein Beispiel hierfür war der „Flash Crash“ vom 6. Mai 2011 bei dem es innerhalb von wenigen Minuten zu einem Kursverlust von 1000 Punkten des DowJones kam. Ähnliches wird auch bei den drastischen Kursverlusten des Corona Crashs Mitte März vermutet.
Leider hat der neue gemeinsame Vorschlag von Frankreich und Deutschland mit der ursprünglich geplanten Finanztransaktionssteuer nur noch wenig gemeinsam, die Hochfrequenzhändler sind sogar ausgenommen. Es handelt sich nun mehr um eine Aktiensteuer in Höhe von 0,2 %. Dies wird beim Kauf von Aktien, welche von Unternehmen mit einem Wert von über 1 Milliarde Euro ausgegeben werden, erhoben.
Zu guter Letzt sei noch ein kurzer Blick auf die Mindestbesteuerung für (Digital)- Konzerne gestattet. Hier einigten Sich die G20 Finanzminister*innen im Juni 2019 darauf, dass man gewillt sei eine Mindestbesteuerung einzuführen und die „Anstrengungen für eine konsensbasierte Lösung mit einem finalen Bericht im Jahr 2020 verdoppeln“ werde. Bis zum Jahresende soll es also eine Lösung geben. Aufgrund der aktuellen Lage bleibt abzuwarten wann dies nun tatsächlich geschieht. Allerdings ist gerade die Mindestbesteuerung gerade in Zeiten von sinkenden steuerlichen Einnahmen für alle Länder von großer Bedeutung, weshalb das Thema nicht auf die lange Bank geschoben werden sollte.
Bekämpfung der Steuerhinterziehung
Die gute Nachricht zuerst: Deutschland ist nicht ohnmächtig im Kampf gegen Steuerhinterziehung. Die letzten Urteile bzw. geschlossenen Vergleiche bspw. im Falle von Cum/Ex zeigen, dass Banken belangt und Steuergelder zu mindestens teilweise zurückgezahlt werden. Aber der Prozess ist noch lange nicht abgeschlossen und einige werden wohl straffrei ausgehen, da viele Fälle zu verjähren drohen.
Hier beginnt denn auch das Problem in Zusammenhang mit den Ermittlungen von Steuerdelikten, für die Cum/Ex hier stellvertretend sein soll. So waren und sind schlicht zu wenige Ermittler mit dem Fall betraut, um rasch Ergebnisse liefern zu können. Hinzu kommt, die mangelnde Kenntnis der Geschäfte, die zugegebenermaßen kompliziert aufgebaut sind. Im Cum/Ex Untersuchungsausschuss von 2012 gaben hochrangige Zeugen der BaFin an, dass es schlicht an den nötigen Fachkenntnissen gemangelt habe, um die Lage beurteilen zu können.
Das alles kann und darf aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Behörden und vor allem die Politik viel früher auf Hinweise, denn diese gab es, hätten regieren müssen
Eine angemessene Reaktion ist nicht nur strafrechtlich, sondern gesellschaftlich von immenser Bedeutung. Nur wenn die Menschen das Gefühl haben vor dem Gesetz gleich und fair behandelt zu werden, findet es Akzeptanz. Die Menschen dürfen nicht das Gefühl haben, dass falsch angegebene Werbungskosten rigoros verfolgt werden, Banken aber freie Hand gegeben wird.
Ausblick
Die Eindämmung von Steuervermeidung angesichts der immensen Summen, die am Fiskus vorbeigeschleust werden, muss viel stärker in den Fokus gerückt werden. Es kann nicht sein, dass Panama und Paradise Papers zu einem kurzen Aufschrei führen und dies in kurzer Zeit schon wieder in Vergessenheit gerät. Zusätzlich müssen die Mittel der Behörden aufgestockt, das Personal besser geschult und eine Vernetzung der einzelnen Stellen verbessert werden.
Die gesetzlichen Vorhaben der SPD sind im Ansatz richtig. Allerdings zeigt sich an dem neuen Entwurf Finanztransaktionssteuer, dass die eigentliche Intension auf der Strecke geblieben ist. Jedoch, so der Plan von Olaf Scholz, soll Sie dazu dienen die langersehnte Grundrente zu bezahlen und tut somit ihr Gutes. Die Vermögenssteuer muss wiederkommen. Sie ist ein Baustein zur Möglichkeit sehr reiche Menschen stärker in die Pflicht zu nehmen. Durch hohe Freibeträge und niedrige Steuersätze erfolgt außerdem keine Belastung über Gebühr. Was die Mindestbesteuerung anbelangt so übernimmt Deutschland ab dem 1. Juli 2020 die EU-Ratspräsidentschaft und hat dadurch an entscheidender Stelle die Möglichkeit die richtigen Impulse für eine gemeinsame und gerechte Steuerpolitik zu setzen.
Eine faire Steuerpolitik ist also möglich. Dies erfordert aber unter Umständen neue Bündnisse und zum Teil auch unangenehme Wege. Steuern zahlt keiner gerne, gar keine Steuern zu zahlen bzw. nur verschwindend geringe Beträge führt jedoch zu einer weiteren gesellschaftlichen Spaltung und besitzt insofern mittelfristig enorme Sprengkraft. Die Politik muss dies im Auge behalten da sonst Demokratie und die freiheitliche Art zu leben in Gefahr sind.
[1] Spiegel Online, https://www.spiegel.de/wirtschaft/soziales/vermoegen-45-superreiche-besitzen-so-viel-wie-die-halbe-deutsche-bevoelkerung-a-1189111.html, letzter Aufruf: 25.05.2020
[2] Heise Online, https://www.heise.de/tp/features/Achse-der-Steuervermeidung-4713054.html, letzter Aufruf 25.05.2020
[3] Oxffam, https://www.oxfam.de/unsere-arbeit/themen/steuervermeidung-unternehmen#steuervermeidung-steuerhinterziehung, letzter Aufruf: 25.05.2020