Die Bundeswehr hat eine neue Werbekampagne unter dem Motto „Mach, was wirklich zählt.“ gestartet, in der sie sich durch „coole“ Sprüche als attraktiver Arbeitgeber darstellen möchte. So stach mir der Spruch „Krisenherde löscht du nicht mit Abwarten und Tee trinken.“ auf dem Weg zur Arbeit ins Auge. Ok, das ist erstmal eine Aussage. Aber wie löscht man dann die Krisenherde? Sonderlich konstruktiv ist die Aussage nicht. Dabei gibt es weltweit so viele Krisenherde, die es zu löschen gilt. Der Hintergrund, der als Tarnfleck gestaltet ist, suggeriert dem Betrachter sogleich eine militärische Lösung.
Aber ist eine militärische Lösung so unreflektiert die Richtige, wie es hier auf den ersten Blick dargestellt wird?
Mit Verlaub, aber das ist wohl kaum der Fall.
Mir ist bewusst, dass leider nicht alle Krisengebiete alleine mit warmen Decken und anderen humanitären Hilfspaketen befriedet werden können. Ein Einmarsch von der Bundeswehr (ebenso wie von anderen Armeen) will aber nachhaltig geplant sein. Mal eben in ein Krisengebiet marschieren und „Failed States“ in kürzester Zeit nachhaltig in ein System des „Good Governance“ zu überführen funktioniert eben nicht. „Bei uns geht es ums Weiterkommen. Nicht nur ums Stillstehen.“ Ein Weiterkommen benötigt aber viel Zeit und Geduld bei den multidimensionalen Konflikten, mit denen wir uns heute konfrontiert sehen. Langfristiger Wiederaufbau und Friedenssicherung sollten wichtige Bestandteile eines Bundeswehrauftrags sein, die jedoch immer wieder zu kurz gedacht werden.
Vielleicht wäre die Ein oder andere Tasse Tee in Politik und bei der Bundeswehr doch nicht von Nachteil, um effektive und vor allem langfristige Wege zur Löschung von Krisenherden zu finden. Ob diese dann militärischer und/oder humanitärer Art sind, ist genauso reflektiert zu prüfen, wie die Intentionen, die hinter der einen oder anderen Entscheidung stehen.
Besonders nach dem 13.11.2015 mit den Attentaten auf Paris wird wohl in näherer Zukunft entschieden werden, in welchem Ausmaß und mit welchem Auftrag die Bundeswehr im Kampf gegen den IS eingebunden wird. Es wird sich zeigen, ob man mit übereilten Entscheidungen einem blinden Aktionismus verfällt, oder ob man gut überlegt „Macht, was wirklich zählt.“
Darum geht es jedoch weniger bei der Werbekampagne. Viel mehr möchte man junge Menschen als zukünftige SoldatInnen anwerben. „Grün ist gesund, auch für deine Karriere.“; „Nach der Schule liegt dir die Welt zu Füßen. Mach sie sicherer.“ Immer wieder versucht die Bundeswehr ein moderner Arbeitgeber zu werden und auch als solcher aufzutreten.
Sicherlich hat sich in den letzten Jahren viel bei der Bundeswehr geändert. Dennoch ist der Beruf immer noch kein nine-to-five-Job und die Work-Life-Balance dürfte sich bei der Bundeswehr auch anders gestalten als in einem durchschnittlichen Bürojob. Bei allen Veränderungen ist es besonders der Wehrauftrag der sich in den letzten Jahren deutlich geändert hat. Fast jede/r SoldatIn wird heute in Ihrer Laufbahn bei der Bundeswehr in verschiedene Krisen- und Kriegsgebiete entsendet. Was das bedeutet, kann man sich vorher wohl kaum vorstellen. Mit Abenteuer und Heldentum hat das aber wahrscheinlich wenig zu tun. Die Berichte von (ehemaligen) Soldaten klingen nach Angst um das eigene Leben und das der Kameraden; verletzte und tote Menschen sowie anderen entsetzlichen Erfahrungen sind Alltag. Viele kommen leider nicht gesund aus diesen Einsätzen zurück. Seien es Verletzungen oder Traumata – sie verändern das Leben. Gesund ist das weder für die Personen selbst noch für eine weitere Karriere. Und das sollte man sich bei Werbeplakaten wie das oben genannte „Grün ist gesund auch für die Karriere.“-Plakat auch vor Augen halten.
Ich halte es für verantwortungslos derart unreflektierte Werbung für die Bundeswehr zu veröffentlichen. Vielen jungen Menschen ist es nicht bewusst, was das für sie bedeutet. Und wenn es ihnen bewusst wird, ist es vielleicht zu spät.
Deshalb sollte immer an erster Stelle die Frage stehen, „Was wirklich zählt?“ bevor man reflektiert in Aktion treten kann und „Macht, was wirklich zählt“.
von Julia Weige
Bildrechte: Allied Joint Force Command Brunssum ; Lizenz