Jusos Hessen-Nord

Ein Kommentar zu den US-Wahlen.

Es geht sicherlich nicht nur mir so, endlich kann die westliche Welt aufatmen – das Ergebnis der Auszählungen stand letzte Woche endlich fest und Joe Biden wird neuer Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika. Wow, war das eine Zitterpartie!

Über Joe Biden kann man ja Einiges äußern: Er ist schon sehr alt und hatte es doch schon mal peinlicherweise versucht gehabt.
Zudem ist er uns Jungsozialist*innen ehrlicherweise einen Tick zu konservativ.
Vor allem gibt sein Wahlsieg aber sehr vielen Menschen auf der Welt Hoffnung.
Joe Biden ist nämlich schon seit 50 Jahren in Washington, um jetzt doch auf sein Alter einzugehen. Das sehe ich jedoch als starken Vorteil. Er ist, im Gegensatz zu dem noch amtierenden Präsidenten, ein Staatsmann, der ernst genommen wird, den man respektiert, der schon lange dazu gehört in Regierungskreisen. Joe Biden ist einer, der einfach nur zum Hörer greifen muss – denn er arbeitet mit sämtlichen Bundespolitikern schon seit Jahrzenten persönlich zusammen. Für ihn ist Staatspolitik kein Neuland.

Dann ist es aber aus europäischer Sicht eine schwierige Angelegenheit, dass Biden sicherlich gegen eine republikanische Mehrheit im Senat ankämpfen werden muss. Das bedeutet, dass er im Zweifel keine internationalen Entscheidungen wird treffen können. Das konnte man in den letzten Tagen viel in den Nachrichten hören.
Es sind sich aber alle in einem Punkt einig – die Beziehungen zwischen Europa und den USA, auch zwischen Deutschland und den USA werden sich nun endlich wieder bessern. Und auch bezüglich der republikanischen Senatsmehrheit bin ich doch hoffnungsvoll, wenn auch zwiegespalten: mit Steuererleichterungen wird es doch sicher auch für ihn möglich sein, den einen oder anderen republikanischen Senatoren zu überzeugen…?

Einen guten Eindruck und Zuversicht schenkt er dem amerikanischen Volk bereits direkt nach seiner Wahl, da er gleich umsetzt, was er während des Wahlkampfes versprochen hat. Das erste Problem um das er sich sicher kümmern wolle sei die Pandemiesituation und heute wissen wir, dass seit einer Woche bereits eine Corona-Task-Force eingerichtet ist – das freut nicht nur die Menschen in der USA.
Der nächste so wichtige Punkt ist, und das betont er erfreulicherweise auch in seinen Reden immer wieder, die Einigung des so sehr gespalteten amerikanischen Volkes. Wahrscheinlich ist seine eher konservative Haltung, die ich schon selbst oft beanstandet habe, ja gerade in der momentanen politischen und gesellschaftlichen Realität genau das, was es braucht.

Trump hatte sich mit seinem Verhalten genau ums Gegenteilige bemüht. Via Twitter kamen fast täglich falsche Behauptungen, in denen er auch immer wieder, und wenn nur in einem Nebensatz, von „der Bewegung“ faselte. Leider muss man doch stark davon ausgehen, dass er damit die im rechtsextremen Spektrum eingeordnete QAnon-Bewegung meinte und bestärkte.
Diese Verschwörungstheoretiker*innen sind tatsächlich davon überzeugt, dass sie Amerika zerstörende linke pädophile Elite von Donald Trump selbst nur bekämpft werden könne. Des Wahnsinns sind tatsächlich keine Grenzen mehr gesetzt.
Allerdings ist eine wütende, waffenverherrlichende Masse auch besser ernst zu nehmen.

Trump hat bis heute mit seinem Verhalten und seiner Haltung hauptsächlich dazu beigetragen, Republikaner und Demokraten, in erster Linie die Bevölkerung, gegeneinander aufzuhetzen. Vor den vier Trump-Jahren konnten amerikanische Bürger*innen des einen und anderen politischen Lagers noch in Vereinen und Nachbarschaften friedlich miteinander kommunizieren. Das ist leider heute nicht mehr überall so im „Land der unbegrenzten Möglichkeiten“, das einst weltweit für seine so freiheitliche Art, seine Toleranz und seine Demokratie bekannt und bewundert war.

Die USA, das so benannte Sinnbild der modernen Demokratie und offiziell noch unser wichtigster Partner, verfügt aber, by the way und mit Verlaub, im Gegensatz zu Deutschland, über kein direktes Wahlrecht. Im Gegenteil ist es sogar ein ganz schön kompliziertes Wahlsystem über Dritte, die Wahlmänner. – mit über 50 unterschiedlichen Stimmenauszählungssystemen!
Vielleicht ist es irgendwann auch einmal Zeit für deutliche Worte der Europäer über diese komplizierte, oft so schwer nachvollziehbare demokratische Wahl…. Aber dazu einmal an anderer Stelle.

Doch was ist jetzt momentan eigentlich los? Ist es tatsächlich wahr, dass Donald Trump sein letztes Fünkchen Macht, die nötige Annahme der Wahl, so ausnutzen muss?

Es gibt tatsächlich republikanische Senatoren mit nicht geringem Einfluss, die weiterhin an Trumps Seite stehen, hinter diesem großen kleinen trotzigen Jungen, der seiner Lebtag stets nur eine lebensfremde Luxusrealität genoss und so fern ist von seinem Volk wie kein anderer vor ihm.
Rick Brunell, der ehemalige Botschafter in Deutschland beispielsweise bekräftig ihn „weiter zu kämpfen“, der Senator von Missouri und der Senator aus Florida sprechen sogar noch von einer Mehrheit für Trump. Da ist man doch fassungslos.

Es ist sehr tragisch, dass die ganze Welt den amerikanischen Präsidenten als Lügner erkennt und allgemein bekannt ist, dass er oft auch keine Ahnung hat wovon er spricht. In meinen Augen ging es schon lange nicht mehr an, dass man achselzuckend seine Äußerungen hinnahm – Ihr erinnert euch sicherlich – es gab tatsächlich Menschen die sich Desinfektionsmittel nach seinem Anraten spritzten und daran verendeten.
Trump ist nun mal Präsident und jede seiner unmöglichen Worte hatte meist schlimme Folgen! Wir müssen froh sein, dass dies Kasperletheater nun bald ein Ende hat.
Doch bis zum 20.Januar wird es spannend bleiben. Wird er dann vom Secret Service aus dem Weißen Haus getragen? Er wäre nach diesem Stichtag schließlich ein Eindringling im Weißen Haus. Mit Verlaub, das würde ich mir doch zu gerne ansehen.

Wie gut, dass aber auch auf republikanischer Seite immer mehr Stimmen für die Demokratie laut werden. Der US-Außenminister ist so einer. Er spricht offen für eine Machtübernahme des Joe Biden um die nationale Sicherheit weiter gewährleisten zu können. Und hiermit sind wir an einem sehr wichtigen abschließenden Punkt. Muss man wirklich Angst haben vor der Handlungsunfähigkeit der USA? Was macht denn China, wenn das so wäre?
Müssen die Menschen in der USA Angst haben vor fanatischen Trump-Wählern? Angst vor Trump selbst?

So sehr ich mich über die Mitläuferin Trumps in der Behörde GSA, die von ihm ernannte Republikanerin Emily Murphy ärgere und ihr Verhalten missachte…
Mindestens genau so sehr, nein über alle Maßen, freue ich mich dieser Tage an einer besonderen demokratischen Frau.
Kamila Harris wird die neue Vizepräsidentin der USA sein! Sie ist nicht nur eine taffe Frau, sondern hat afrikanische und indische Wurzeln! Jawoll! Joe Biden hat bereits angekündigt, dass er nicht nur gut mit ihr zusammenarbeiten kann, sondern sie auch an die Hand nehmen will, sodass Kamila in vier Jahren vielleicht selbst als Präsidentin kandidieren kann. Mit Verlaub, das sind endlich mal sehr gute Aussichten!